Eigentlich hatte ich gestern vor, hier endlich mal wieder etwas zu schreiben, dass nichts mit der Situation in Ägypten zu tun hat. Immerhin bin ich ja hier kein Nachrichtenticker, und inzwischen kann man sich ja sogar in deutschsprachigen Medien ganz gut informieren. Auch wenn ich weiterhin eher AlJazeera English, BBC, CNN und dem Guardian vertraue, kann man bei der Süddeutschen, Spiegel Online, der taz und sogar bei der verschnarchten ARD gute Dinge lesen.
Außerdem hätte ich gestern sogar einen aktuellen, persönlichen und freudigen Anlass gehabt, hier eine schöne Geschichte zu schreiben. Eine meiner Lieblingscousinen in Saudi Arabien hat nämlich gestern geheiratet, und ich hätte gern bei dieser Gelegenheit meine Erlebnisse bei der letzten saudischen Hochzeit, die ich im Oktober 2010 besucht habe, hier mit euch geteilt. Naja, beim nächsten Mal.
Außerdem hätte ich gestern sogar einen aktuellen, persönlichen und freudigen Anlass gehabt, hier eine schöne Geschichte zu schreiben. Eine meiner Lieblingscousinen in Saudi Arabien hat nämlich gestern geheiratet, und ich hätte gern bei dieser Gelegenheit meine Erlebnisse bei der letzten saudischen Hochzeit, die ich im Oktober 2010 besucht habe, hier mit euch geteilt. Naja, beim nächsten Mal.
Aber dann hing ich doch wieder bis um ein Uhr in der Nacht vor dem AlJazeera Livestream und habe Cairo geguckt. Inzwischen muss man sich ja fragen, ob da nicht vielleicht Hollywood seine Finger im Spiel hat und den Menschen eine riesige Tragikomödie mit echten Darstellern bietet. So wie bei Wag the Dog, dem Film, der weltpolitischen Zynismus so furios in Szene setzt.
Seit den frühen Abendstunden hatte man also gestern darauf gewartet, dass Präsident Mubarak zu seinem Volk spricht. „All eure Forderungen werden erfüllt werden“, sagte ein Armeesprecher in einer TV-Ansprache. Überall las und hörte man plötzlich, dass sich Rücktrittshinweise verdichten sollten, Obama gab sich euphorisch, die Leute im Tahrir versammelten sich in Riesenmengen, um die größte Party in der Geschichte des Nahen Ostens zu feiern.
Und dann das. Um ca. 22 Uhr unserer Zeit tritt der Tattergreis vor die Kameras und gibt erneut den enttäuschten Vater, wiederholt im Grunde fast wörtlich, was er in seiner letzten Rede gesagt hat, mit kleinen Abweichungen. Schon nach den ersten Minuten der Rede, in denen klar wurde, hier spricht nicht einer, der sich gleich ins Flugzeug nach Dubai setzt und sich auf nimmer Wiedersehen verabschiedet, wurden die Pfiffe, Buh-Rufe und wütende Parolen auf dem Tahrir immer lauter. Die Leute sind nun unfassbar und zu Recht und verständlicherweise wütend. Man fragt sich wirklich, wie verblendet Präsident und sein Vize Omar Suleiman, der kurz darauf vor die Kameras trat, sein müssen. Den Menschen jetzt, zu diesem Zeitpunkt zu sagen: „Geht nach Hause, geht an die Arbeit, das Land braucht euch“ ?? Man fragt sich auch, wer hat diese Rede geschrieben.
Heute also geht der Protest weiter, in seinen 17. Tag, und es sollen mehr Leute werden denn je. Mir persönlich macht das große Angst. Das kann ja nur in einer Katastrophe enden. Wenn heute wieder hunderttausende Menschen in Cairo Downtown ihre Rechte fordern und Mubaraks Sturz herbei wünschen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass es zu noch mehr und noch schlimmerer Gewalt kommt als nach Mubaraks letzter Ansprache. Er wird dann seinen internationalen Kritikern zurufen: „Was wollt ihr denn, ich habe doch Zugeständnisse gemacht! Die Leute sind irrational, von internationalen Medien verblendet und wollen nicht auf ihren Übervater hören. Da hilft nur die Peitsche!“ Außerdem, und das hat er ja gestern klar gemacht, lässt er sich sowieso von niemandem etwas sagen. Weder von außenstehenden Mächten, noch von seinem Volk, wie's scheint.
Er wird bleiben, bis er das Drehbuch für eine weitere gefälschte Wahl im September fertig gebastelt und die Regierungsverantwortung seinen Zöglingen übergeben hat, und er wird auf ägyptischem Boden sterben. Als alter Militärmann ist es wahrscheinlich nicht verwunderlich, dass er diesen seinen Entschluss immer wieder betont. Aber das Ausmaß von Sturheit, das diese Männer gestern einmal mehr an den Tag gelegt haben, das wird ab heute immer gefährlicher. Den Demonstranten bleiben ja nicht mehr viele Möglichkeiten. Das Staatsfernsehen sollten sie besetzten, schrieb gestern jemand auf Facebook. Mit einem gecharterten Helikopter auf dem Dach landen und so die Sicherheitskräfte vor den Toren umgehen. Schöne Idee. Ich sag ja – Hollywood.
Es kann eigentlich nur noch das Militär entscheiden. Das Militär, das ohnehin seit Wochen Puffer und Zünglein an der Waage ist.
Es bleibt zu hoffe, und mehr als hoffen kann ich nicht, dass alles doch noch gut ausgeht. Wer hat den längeren Atem, wer sitzt am längeren Hebel?
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